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Die Lesestube

Die Lesekompetenz

Herzlich willkommen auf der Seite der „Lesestube“

In den folgenden Kapiteln erfahren Sie Interessantes und auch Wissenschaftliches über das Lesen selbst.

Ferner informieren wir Sie über die Möglichkeiten der Förderung in der „Lesestube“.

Was ist eine Leseschwäche?

Unter Dyslexie, auch Leseschwäche genannt, (altgr.: dys = schlecht, schwer, miss- [hier = Missverstehen], léxis = Sprache, Redeweise, Stil [hier = Redeweise] schlechte/ falsche Wiedergabe/ Redeweise) versteht man Probleme mit dem Lesen und Verstehen von Wörtern oder Texten bei normalem Seh- und Hörvermögen der betroffenen Person. Die Alexie (von griech. a-: nicht-, un-) bezeichnet hingegen das völlige Unvermögen zu lesen.

Dyslexie ist bei etwa 5 bis 17 Prozent der Gesamtbevölkerung anzutreffen, wobei verschiedene Formen und Ausprägungsgrade zu unterscheiden sind. Oft tritt sie das erste Mal im Rahmen einer so genannten Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) in den ersten Schuljahren zutage. Die Betroffenen fallen beim Lesen- und Schreibenlernen weit hinter ihre Altersgenossen zurück, obwohl sie über eine normale Intelligenz verfügen.

Die besondere Häufung von Dyslexie in bestimmten Familien lässt vermuten, dass diese Störung zumindest teilweise erblich bedingt ist. Bekannt ist eine leichte Form dieser Störung bei Beatrice von York und ihrer Mutter Sarah, Herzogin von York. Neuere Studien unterstützen diese These: Sie zeigen, dass eine bestimmte Region auf Chromosom 6 mit einer Prädisposition für Dyslexie in Zusammenhang steht. Auf dem besagten Chromosomenabschnitt befindet sich ein Gen mit der Bezeichnung DCDC2. Bei Untersuchungen von 153 Familien, bei denen Dyslexie vorkommt, konnte immer dieselbe Deletion (eine bestimmte Chromosomenmutation) im DCDC2-Gen nachgewiesen werden. Die genaue Funktion des Gens ist noch unklar, allerdings gibt es experimentelle Hinweise, dass es eine wichtige Rolle bei der Entwicklung bestimmter Neuronen im Gehirn spielt (Meng H. et al). Schumacher und Kollegen fanden weitere zwingende Belege für die entscheidende Rolle des DCDC2-Gens bei der Entwicklung einer Dyslexie. Sie konnten bestimmte genetische Variationen, sogenannte Single Nucleotide Polymorphism (SNP), in diesem Gen nachweisen, die den Träger empfänglich für die Krankheit machen. Hierbei scheinen unterschiedliche SNP-Marker für unterschiedlich schwere Ausprägungen der Dyslexie verantwortlich zu sein.

Neben den genetischen Dyslexien spricht man auch von den erworbenen Dyslexien bei Kindern und Jugendlichen, bei denen durch mangelndes Lese- und Schreibtraining und übermäßigen TV-Konsum eine unzureichende synaptische Verschaltung der einzelnen Sprachzentren erfolgt. Besonders betroffen hiervon sind Heranwachsende in den USA, aber auch in den europäischen Industrienationen steigt die Zahl solcher Fälle besorgniserregend an.

Dyslexien können auch im Erwachsenenalter durch Hirnschädigungen (z. B. beim Schlaganfall oder nach Schädel-Hirn-Trauma) ausgelöst werden. Manche dieser Menschen lesen Wörter, die so nicht dastehen (z. B. „Katze“ statt „Hund“), andere lesen mühsam buchstabierend. Auch die totale Unfähigkeit zu lesen wird als Dyslexie bezeichnet. Sie ist oft mit Aphasie verbunden.

Dyslexien werden von Logopäden, Sprachheilpädagogen und Klinischen Linguisten behandelt

Die Geschichte der Lesekompetenz

Im Altertum und auch im Mittelalter war die Fähigkeit zu lesen (und zu schreiben) eher die Ausnahme als die Regel. Selbst Könige konnten manchmal trotz Ausbildung durch Privatlehrer nicht lesen (und schreiben). Dafür gab es die Kleriker und das Berufsbild des Schreibers, der solche Aufgaben für Lese- und Schreibunkundige erledigte. Eine vergleichsweise hohe Lesekompetenz bestand im Volk Israel. Die 5 Bücher Mose wiesen Eltern an, ihren Kindern (und dabei besonders den Jungen) das Lesen (und Vorlesen) des „Wortes Gottes“ beizubringen. Einen Schub für die Lesekompetenz brachte nach der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg in Mitteleuropa die massenhafte Verbreitung der Lutherbibel und der anderen Druckschriften Martin Luthers im Zeitalter der Reformation im 16. Jahrhundert. Auch die Einführung der Sonntagsschule bei vielen Landes- und Freikirchen im 19. Jahrhundert in Deutschland zum Zwecke der religiösen Unterweisung und des Bibelstudiums war ein großer Fortschritt für die Lesekompetenz der deutschen Bevölkerung.

Schließlich förderte die Einführung der allgemeinen Schulpflicht in der Neuzeit die Lesekompetenz unter der Bevölkerung ungemein, wie auch die Einrichtung öffentlicher Bibliotheken. Noch heute gibt es in Entwicklungsländern, in denen der Alphabetisierungsgrad sehr niedrig ist, den Beruf des Schreibers, der Schreibunkundigen z. B. bei der Korrespondenz mit Behörden zur Seite steht.  

Hintergründe

In den letzten Jahren sind Zweifel an der Lesekompetenz vieler Jugendlicher aufgekommen. Manche verlassen die Schule sogar nur mit rudimentären Lesekenntnissen und entwickeln sich dann in einigen Fällen allmählich zurück zu funktionalen Analphabeten. Daher war die Überprüfung der Lesekompetenz auch Teil der internationalen Pisa-Studie, bei der die Lesekompetenz von Schülern verschiedener Schulsysteme untersucht wurde.

Die Lesekompetenz ist nicht zuletzt die Basis für den Erwerb zusätzlicher weiterer Kompetenzen, denn in vielen Fachbereichen müssen Kenntnisse z. B. in Fachbüchern „erlesen“ werden. So kann man die Lesekompetenz wahrhaftig als eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen bezeichnen.

Bisweilen werden auch die Verschiebungen beim Medienkonsum insbesondere jüngerer Menschen (etwa deren zunehmende Internetaffinität) für tatsächliche oder vermeintliche Schwächen beim Lesen und Schreiben verantwortlich gemacht. Dabei ist es höchst umstritten, ob etwa der dramatische Rückgang von Zeitungslesern in den unteren Altersgruppen ursächlich zu den unterstellten Defiziten beiträgt.

Lesekompetenz und Lebenschancen

Lesen zu können ist ein zentraler Teil unseres heutigen Kulturzeitalters. Das unzureichende Beherrschen des Lesens hat auch andere Schwächen zur Folge. Wer schlecht liest, wird sich schwer tun im Begreifen von Rechenaufgaben und im Erfassen von naturwissenschaftlichen Fragestellungen. Nur wenige holen die am Beginn der Pubertät konstatierten Defizite in späteren Jahren noch auf. Gut lesen zu können, bedeutet fließend und sinnentnehmend Lesen gelernt zu haben. In Österreich sind weniger als ein Prozent „echte“ Analphabeten; drei bis vier Prozent gelten hingegen als „funktionale“ Analphabeten. Das bedeutet, dass ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nicht ausreichen, um schriftsprachliche oder rechnerische Aufgaben des Alltags selbstständig bewältigen zu können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in manchen Berufsschulen das Unterrichtsfach „Deutsch und Kommunikation“ gelehrt wird, wobei den Schülern beigebracht wird, sich verbal auszudrücken und den richtigen Umgang mit Kunden zu lernen. Lesen und Schreiben hingegen wird nicht unterrichtet. Man hängt hierbei der Überzeugung nach, dass es vor allem wichtig sei, auf Kunden eingehen und sich entsprechend verbal ausdrücken zu können – „Ich muss in meinem Beruf nicht schreiben können“, so der Glaube. Die Folge ist, dass ein Großteil der österreichischen Lehrlinge zu wenig Kenntnisse in Mathematik und Deutsch aufweist.

Die Lesekompetenz ist auch grundlegend für die Entwicklung der Internet-Kompetenz. Die Nutzung des Internets ist ohne ausreichende Lesefähigkeit schwerlich vorstellbar.  

Die Leseförderung

Unter Leseförderung versteht man in der Pädagogik alle Maßnahmen, die darauf abzielen, einer Zielgruppe, die vor allem aus Kindern und Jugendlichen besteht, nicht nur Lesefähigkeit, sondern auch Interesse und Freude am Lesen und an der Literatur zu vermitteln.

Die Legitimation der Leseförderung

Leseförderung legitimiert sich dadurch, dass sie Menschen zum „Viellesen“ animiert. Gelingt dies, so genießen die Adressaten der Leseförderung eine Vielzahl von Vorteilen. Generell ist ihre Lesekompetenz größer als bei „Pflichtlesern“ (die nur das lesen, was die Schule und andere Instanzen von ihnen erwarten):

  • Vielleser beherrschen die Kulturtechnik Lesen besser; sie lesen schneller und erfassen das Wesentliche besser und rascher.
  • Vielleser erfahren mehr und Tiefgründigeres über die Welt, v.a. im Vergleich zu Menschen, die fast nur Unterhaltungsmedien wie Fernsehen oder Computerspiele nutzen.
  • Vielleser erweitern (auch als Muttersprachler) ihren Wortschatz in der Zielsprache schneller; der Wortschatz, über den sie als Erwachsene verfügen, ist größer.

Besonders wichtig ist Leseförderung zur Förderung des Spracherwerbs und von landeskundlichen Kenntnissen für Migranten. Nur durch Lesen lernen sie die Schriftsprache des Zuwanderungslandes ausreichend kennen.

Die Schauplätze der Leseförderung

Die wirkungsvollste Leseförderung findet im Elternhaus statt, und zwar bereits im Kleinkind- und Vorschulalter. Das Vorbild der Eltern begünstigt die Leseentwicklung. Das tägliche Vorlesen vom Kleinkindalter an in einem behaglichen Umfeld befördert das Interesse an Büchern und am Lesen. Weitere Leseförderung kann u. a. in der Vorschulerziehung (z. B. im Kindergarten), in der Schule (besonders in der Schulbibliothek), in anderen Bibliotheken, in schulischen oder außerschulischen Lese-Wettbewerben und durch spezielle Fernseh-, Computer- und Online-Programme geleistet werden. Durch solche Programme werden die Kinder und Jugendlichen gezielt angeleitet, zu lesen und dann Fragen am Computer zu beantworten. Beispiele, wie computer-/online-unterstützt Lesen von Büchern gefördert werden kann, sind die Programme Antolin und Lepion.

Die Idee einer Leseförderung, die über Lesefähigkeit auf einfachem Niveau hinausgeht und den Aspekt „Freude am Lesen“ in den Mittelpunkt stellt (an Stelle der bloßen Erfüllung von Lernzielen im Bereich Lesen), hat in viele schulische Richtlinien und Kerncurricula Eingang gefunden.

Auch in der Logopädie hat die Leseförderung Einzug gehalten, wenn es sich um eine Leseschwäche und nicht um Lesefaulheit handelt.

Studien in der Leseförderung

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass man schon in der Grundschule die Lesemotivation und Lesekompetenz wirksam fördern kann.

In Deutschland hat die Hälfte der 5- bis 6- Jährigen Kinder Umgang mit dem Computer. Trotzdem spielen Bücher eine wesentliche Rolle im Leben von Jungen und Mädchen. Zu diesen Ergebnissen gelangt die dritte Jugend-Medienstudie der Stiftung Ravensburger Verlag.

Über 80 % aller Kinder sehen regelmäßig fern, und ebenso viele lassen sich Bücher vorlesen oder schauen selbst Bilderbücher an. Bei der Frage nach ihrem Lieblingsmedium liegt das Schwergewicht eindeutig beim Fernsehen (Jungen 42,5 %, Mädchen 47,4 %), bei den Hörmedien wie Märchenkassetten (Jungen 20 %, Mädchen 31,6 %) und dem Buch (Jungen 22,5 %, Mädchen 13,6 %).

Trotzdem gibt es in der Biographie vieler Kinder „Leseknicks“: Besonders zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr sowie zwischen dem 11. und dem 13. Lebensjahr nehmen bei vielen die Lust am Lesen und die Zeit, die fürs Lesen aufgewandt wird, ab; das gilt besonders für Jungen. Der Anteil der Jugendlichen, die bei der PISA-Studie angegeben haben, nicht zum Vergnügen zu lesen, ist in Deutschland mit 42 Prozent besonders hoch. In der Gruppe der Jungen beträgt der Anteil sogar fast 55 Prozent.[7] Kritiker behaupten, dass die Schulen durch die Art, wie im Unterricht mit Texten umgegangen werde, an dieser Entwicklung nicht völlig unschuldig seien. Der österreichische Pionier der Leseförderung Richard Bamberger empfiehlt, im Unterricht das Lesen am Stück einzuführen und jede Woche ein Buch zu lesen, anstatt eine oft mehrere Wochen hindurch auf kleine Abschnitte aufgeteilte „Behandlung“ eines Buches.

Lesen lernen

Lesen ist weit mehr als die Entschlüsselung von Buchstaben und Wörtern. Durch das Lesen lernen wird die Voraussetzung für die Teilhabe an gesellschaftlicher Kommunikation geschaffen. Dazu gehören die verschiedensten Fähigkeiten, die Ihr Kind im Laufe der Schulzeit erwerben soll. Das effektive Lesen lernen ist also von entscheidender Bedeutung: Manche Kinder durchlaufen diesen Lernprozess mühelos, andere hingegen haben ihre Schwierigkeiten damit. Besonders Jungen tun sich mit dem Lesen lernen oftmals schwer. 

Lesenlernen vor 100 Jahren:
 
„Hasenmax, der Bösewicht,

konnte heut‘ sein Verschen nicht,
hat gepfiffen und geschwätzt,
Hasenlieschens Rock zerfetzt,
eine neue Bank zerkracht
und dabei noch laut gelacht.
In die Ecke muß er nun.
Ei, da kann er Buße tun!“

 

So liest man in der „Häschenschule“, ein Klassiker unter den Lesefibeln, mit der viele deutsche Kinder vor knapp 100 Jahren das Lesen erlernten. Damals galt diese Fibel mit ihren bunten Bildern und Reimen als besonders kindgerecht und modern. Beim Lesenlernen sprach der Lehrer erste Wörter vor, die Kinder sprachen sie im Chor nach. Vorher hatten die Kinder das Alphabet erlernt und sollten sich nun merken können, aus welchen Buchstaben die Worte zusammengesetzt werden mussten.

Lesen lernen heute

Auch heute gibt es noch Fibeln. Allerdings lernen heute die Erstleser durch Nachsprechen oder durch Bildbenennungen, -Erzählungen. Sie sollen sich das Lesen selbständig aneignen und dabei kreativ werden. Damit die Lust am Lesenlernen bleibt, muss das Ganze natürlich auch Spaß bereiten. Fachleuten zufolge soll das Lesenlernen in drei Schritten erfolgen: Zuerst sollen die Zeichen oder Schriftzüge wiedererkannt werden (holografische Phase). Danach folgt die alphabetische Phase, in der Buchstaben den Lauten zugeordnet werden. Wenn das Kind das Wort beim Lesen auch inhaltlich nachvollziehen kann, wird das Textverständnis aufgebaut. Wie aber diese Fertigkeiten am besten vermittelt werden können, darüber besteht unter den Fachleuten Uneinigkeit. Damit der Lesespaß bleibt, werden die Kinder beim Lesen nicht korrigiert. Sie sind also der Meinung, dass sie richtig gelesen haben. So prägt sich das Wortbild ein, so dass das Wort immer falsch gelesen wird. Nach einiger Zeit wird im weiteren Schulverlauf plötzlich das gelesene Wort als falsch begutachtet. Wie soll man jetzt den Kindern begreiflich machen, dass das Wort, welches ja vorher immer richtig war, nun plötzlich nicht mehr richtig ist? Lesefrust ist vorprogrammiert. Unserer Meinung nach sollte das Lesen von Anfang an mit einem Corrective Feedback untermalt werden.

Die Silbenfibel

Manche Fibeln arbeiten aber gleich mit ganzen Silben (Ma-me-mi-mo-mu), die zu einfachen Wörtern zusammen gesetzt werden (Ma-ma). Die Idee: Wer sich etwa durch das Wort  V-a-t-e-r  hindurch buchstabiert hat, erkennt den Sinn schwerer, als wer sofort die zwei Silben Va-ter sieht. Die Kinder lernen zudem nebenbei die korrekte Silbentrennung. Die Methode eignet sich auch für Kinder, die eine Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) entwickeln könnten. Für sie soll es leichter sein, sich ganze Silbenmuster optisch einzuprägen als sich die Wörter buchstabenweise erschließen zu müssen. Eine häufige Silbenfibel ist das „ABC der Tiere“ von Rosemarie Handt und Klaus Kuhn. Ebenfalls nach Silben arbeitet auch die „Piri“-Fibel (Ute Kühn u.a.).

Oft wird dieses System auch auf das Schreiben umgelegt. Die Kinder schreiben die Worte in Silben. Unserer Meinung nach ist dies aber alles andere als effektiv. In korrekter Rechtschreibung kann das Kind ein silbiertes Wort nur dann richtig schreiben, wenn es weiß, aus welchen Buchstaben es sich zusammensetzt. Konsonantenverdoppelungen und Dehnungen bleiben dabei meistens auf der Strecke. Wenn das Kind das Wort Mutter als „mu-ter“ silbiert, schreibt es zwangsläufig falsch. Verheerend wird es dann bei längeren und unbekannten Worten. Oft wird durch diese Methode eine Leserechtschreibschwäche „gezüchtet“.

Die Vielfalt der Ansätze

Angesichts der unterschiedlichen Ansätze findet Prof. Dr. Stefan Jeuk die wissenschaftliche Diskussion zu geeigneten Fibel- und Sprachbüchern „zu dünn gesät“. „Letztlich entsteht der Eindruck, dass die Deutschdidaktik die Beantwortung der Frage, welche Lehrwerke für die Grundschule geeignet sind, weitestgehend den Schulbuchverlagen überlässt.“ Und den Schulen, möchte man ergänzen. Denn zwar ist Schule Ländersache, doch die machen in der Regel nur Vorgaben über die Kompetenzen, die die Erstklässler in Deutsch entwickeln sollen. Die Entscheidung, mit welcher Methode dies geschieht, liegt meist bei den Schulen, die keine Möglichkeit haben, die Eignung einer Methode wissenschaftlich zu prüfen oder auf breiter Basis zu vergleichen. Vorschriften gibt es in einigen Bundesländern lediglich zur Schreibschriftform, die dem Erlernen der Druckschrift folgt (vereinfachte Ausgangsschrift oder Schulausangsschrift usw.).

Eine wissenschaftliche Studie

Der Buchstabenhüpfer

Zum Lesen liegt Jakob normalerweise auf seinem Bett oder macht es sich in einem Sessel gemütlich. Doch wenn der Zehnjährige zum Test-Lesen ans Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung kommt, legt er seinen Kopf in ein Metallgestell, bis Stirn und Kinn ganz fest anliegen. Wie beim Augenarzt sei das, sagt der blonde Junge und setzt sich routiniert an das schwarze Gerät. Für seinen Ausflug in die Wissenschaft hat er sich sein Bayern-München-Trikot übergezogen. In einer Stunde wird ihn seine Mutter im Institut wieder abholen, bis dahin dient Jakob der Forschung. „Bist du bereit?“, fragt Versuchsleiter Simon Tiffin-Richards. „Kann es losgehen?“ – „Klar“, sagt Jakob und beginnt eine Geschichte zu lesen, die vor ihm auf einem Monitor erscheint. „Der Detektiv war auf einer heißen Spur. In der Hand hielt er seine Lupe und folgte den Krümeln am Boden, bis er zu einer Tür kam …“ Während Jakob leise für sich liest, zeichnet eine Kamera jede Bewegung seiner Pupillen auf. Auf dem Bildschirm des Versuchsleiters erscheint diese als ein weißer Punkt, der über die Buchstaben huscht.

Jakob gehört zu einer Gruppe von 140 Kindern aus zwei Berliner Grundschulen. Sie nehmen teil am Forschungsprojekt REaD (Reading Education an Development). Seit Beginn dieses Jahres untersucht ein Team aus Psychologen und Linguisten die Leseentwicklung von Kindern. Über vier Jahre hinweg wollen sich die Forscher mit der Frage beschäftigen, welche kognitiven Prozesse beim Lesen ablaufen. Sie verfolgen den Lernweg von Zweitklässlern bis zur vierten Klasse, testen aber auch ältere Kinder und Erwachsene, um so viele Vergleichsdaten wie möglich zu erhalten.

Die Forscher wollen herausfinden, auf welche Weise Kinder lesen lernen – und warum es bei manchen hakt. „In kaum einem anderen elementaren Lernbereich gibt es so große Unterschiede zwischen den Menschen wie beim Lesen“, sagt Sascha Schroeder, Leiter der Forschungsgruppe. „Die Lesefähigkeit eines guten Zweitklässlers kann bereits der eines schlechten Sechstklässlers entsprechen, und ein guter Leser in der vierten Klasse erreicht vielleicht schon das Niveau eines Erwachsenen aus dem unteren Leistungsbereich.“

Doch obwohl die Lesekompetenz für den Schulerfolg und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben so wichtig ist: Was genau sich beim Lesenlernen eigentlich abspielt und welche kognitiven Prozesse den unterschiedlichen Leseleistungen zugrunde liegen, darüber weiß man bisher nur wenig. Die Forschung ging in der Vergangenheit über Bestandsaufnahmen nicht hinaus: Internationale Schulleistungsstudie wie Pisa oder Iglu haben zwar gezeigt, wie groß die Unterschiede in der Lesekompetenz von Grundschülern und Jugendlichen sind – wie es aber dazu kommt, dass aus manchen Kindern Bücherwürmer werden, während andere sich noch als Erwachsene durch das Dickicht der Buchstaben kämpfen müssen, liegt dagegen weitgehend im Dunkeln.

Noch immer leben rund 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in Deutschland. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass 4,4 Prozent der erwachsenen Deutschen bestenfalls einzelne Wörter lesen können. Weitere zehn Prozent scheitern an kürzeren Texten. Eine Fülle an Programmen und Initiativen zur Leseförderung soll darauf reagieren – ihre Wirksamkeit aber ist oft ungewiss. „Die Gruppe der schwachen Leser unter den Schülern macht in allen europäischen Ländern etwa zwanzig Prozent aus. Wir wollen zunächst herausfinden, welche mentalen Prozesse dafür verantwortlich sind“, sagt Sascha Schroeder. Auf einer besseren Datengrundlage – so die Erwartung – lassen sich dann passgenauere Trainingsmaßnahmen entwickeln, die effektiv sind, ohne die Kinder zu überlasten.

Dafür muss eine Fülle von Einzelfragen beantwortet werden: Welche individuellen Unterschiede zeigen sich auf den verschiedenen Alters- und Entwicklungsstufen? Bis wann stellt die Länge der Wörter eine Hürde dar? Wann gelangen Kinder vom Entziffern einzelner Buchstaben zur Erfassung von Silben, grammatischen Endungen und Wörtern? Und wie schaffen sie es schließlich, zum Sinn ganzer Sätze und Texte vorzustoßen? Die Art der Augenbewegungen und die Lesegeschwindigkeit verraten viel darüber, wie diese komplizierten Prozesse ablaufen. Die Probanden lesen nicht nur Texte, sondern auch Listen mit „Quatschwörtern“ wie Gutsark, elmänken oder gollig. Damit wollen die Wissenschaftler feststellen, wie gut die Kinder Buchstabenreihen entschlüsseln, bei denen sich kein Sinn erraten lässt. Andere Tests blenden während des Lesens falsch geschriebene Wörter ein (Gaist statt Geist, Bnad statt Band). Sie zeigen, ob Kinder Buchstaben noch Schritt für Schritt in Laute übersetzen müssen, um sich zum Wort und seiner Bedeutung vorzuarbeiten. Oder ob sie diese Stufe schon weitgehend überspringen können. Dann nämlich reicht auch eine fehlerhafte Schreibweise aus, um das im Kopf gespeicherte Wortwissen abzurufen.

Die Geschichten, die Jakob zu lesen bekommt, sind kurz. Sie handeln von Piraten, Gespenstern oder alltäglichen Erlebnissen. Wenn er mit einem Text fertig ist, drückt er eine Taste und bekommt eine Frage auf den Bildschirm. Die Antwort zeigt dem Testleiter, ob er die Geschichte verstanden hat. Der Junge liest schnell und flüssig, nur selten hüpft der weiße Blick-Punkt auf dem Monitor des Versuchsleiters zurück oder verharrt länger auf einem Wort. Nach einer halben Stunde ist Jakob mit allen 24 Geschichten durch – auf die angebotene Pause hat er verzichtet. „Was liest du denn zu Hause so?“, fragt Versuchsleiter Simon Tiffin-Richards. Die drei ??? , sagt Jakob. „Und Donald-Duck-Taschenbücher!“

„Jakob ist ein sehr guter Leser, die meisten Kinder in seinem Alter brauchen für unsere Texte drei- oder viermal so viel Zeit“, sagt Sascha Schroeder.

Die Untersuchung der Blickbewegungen bildet einen Kernbereich des Forschungsprojekts, denn sie liefert wichtige Aufschlüsse darüber, wie sich die Lesekompetenz entwickelt und über welche Wörter und Wortformen das Auge „stolpert“. Wenn wir lesen, dann scheint es uns zwar so, als würden unsere Augen über die Zeilen gleiten, doch in Wirklichkeit ähnelt der Ablauf eher dem Stop-and-go-Verkehr. Der Blick bewegt sich in Sprüngen – sogenannten Sakkaden – über die Buchstaben. Unterbrochen werden diese Sprünge von kurzen Pausen, die bei erwachsenen Lesern etwa eine Viertelsekunde dauern. Während dieser Pausen verarbeitet das Gehirn die Informationen, die die Wörter liefern.

Bei Leseanfängern ähneln diese Bewegungen kurzen Hüpfern. Sie arbeiten sich Buchstabe für Buchstabe voran. Erreichen sie das Ende eines langen Wortes, haben sie dessen Anfang oft schon vergessen. Immer wieder springt deshalb der Blick zurück und fixiert dasselbe Wort noch einmal, bevor er weitergeht. Bei einem erwachsenen, routinierten Leser sind die Sakkaden länger. Er verarbeitet die Wörter in Silben oder noch größeren Einheiten, vertraute Wörter überspringt er auch ganz. Die Pausen, die er braucht, um Wörter zu fixieren, sind nur kurz.

Dass der Leseprozess überhaupt so ruckartig verläuft, liegt daran, dass nur der Mittelpunkt des Blickfeldes scharf genug ist, um Buchstaben identifizieren zu können. Deshalb müssen die Augen immer wieder kurze Stopps einlegen. Der Sichtkegel allerdings ist nicht ganz rund, sondern nach rechts in die Leserichtung etwas ausgebuchtet. Dieser Bereich ermöglicht es dem Auge, auch Buchstaben, die gleich kommen werden, schon im Vorfeld mit einzubeziehen. Diese Vorauserkundung interessiert die Forscher besonders, weil sie vermuten, dass diese von den schwächeren Lesern nicht optimal für die Informationsverarbeitung genutzt wird.

„Erwachsene überspringen etwa 30 bis 40 Prozent aller Wörter. Leseanfänger schauen hingegen auf jedes Wort, meist sogar mehrmals hintereinander“, sagt Schroeder. Jakobs Lesemuster ist genau dazwischen, er betrachtet nicht mehr jedes Wort, überspringt aber auch nicht so viele wie ein Erwachsener.

Bei Kindern mit einer erfolgreichen Lesekarriere setzt die Automatisierung des Leseprozesses frühzeitig ein, immer schneller ziehen sie die relevanten Informationen aus einem Text. Schwache Leser hingegen kommen über die Phase des mühsamen Buchstabenhangelns nur langsam oder gar nicht hinaus. Lange dachte man, dass die Bewegungsmuster ihrer Augen noch nicht ausgereift und somit die Ursache der Leseprobleme seien. Inzwischen weiß man, dass es umgekehrt ist: Die unsteten Augenbewegungen solcher Leser sind eine Folge ihrer schriftsprachlichen Defizite.

Die Schule allein genügt nicht, um flüssig lesen zu lernen. Dafür ist es wichtig, auch außerhalb des Unterrichts immer wieder zu einem Buch zu greifen. Ein Kind, dem das Lesen schwerfällt, gerät deshalb schnell in eine Abwärtsspirale: Es geht Texten und Büchern aus dem Weg und erwirbt keine Routine. Dennoch sei es durchaus ein Verdienst der Lehrer, dass die Leseleistungen nicht noch viel weiter auseinanderdrifteten, sagen die Forscher am Max-Planck-Institut. Einiges sei aber von der Schule nur schwer zu beeinflussen: Dazu gehörten die Leseanreize, die das Elternhaus biete. Mit Fragebogen versuchen die Wissenschaftler, herauszufinden, wie viele Bücher bei ihren jungen Probanden zu Hause stehen und wie oft vorgelesen wird. „Direkte Zusammenhänge mit der Leseleistung festzustellen ist schwierig, aber generell zeigt sich schon, dass die Unterstützung zu Hause eine Rolle spielt“, sagt Simon Tiffin-Richards. Daneben nähmen aber auch genetische Faktoren Einfluss auf die Lesefähigkeit, ergänzt Sascha Schroeder. 200 Stellen im Genom wurden bislang identifiziert, die mit Leseschwächen im Zusammenhang stehen.

„Bei leseschwachen Kindern kommt es vor allem darauf an, ihr kognitives Rüstzeug zu stärken, indem wir ihre Fähigkeit und ihren Willen, selbst zu lernen, fördern.“ Mit konkreten Handreichungen halten sich die Forscher bislang zurück. Aber vieles, was sie im REaD-Projekt erarbeiten, dürfte in künftige Lernmaterialien einfließen: Dazu gehört die Onlinedatenbank childLEX, die den Wortschatz von Kinderbüchern – eingeschlossen grammatische Funktionswörter – nach Altersstufen und Häufigkeit des Vorkommens aufführt. Diese Datenbank gibt nun Aufschluss darüber, welche Wörter Kinder in welchem Alter wahrscheinlich kennen. Das wiederum kann bei der Gestaltung von Übungstexten helfen: Vor allem schwächeren Schülern fällt das Lesen leichter, je vertrauter die Wörter sind. Nimmt man darauf Rücksicht und tastet sich langsam in das Neuland vor, besteht die Chance, dass der Spaß am Lesen nicht schon im Keim erstickt wird. 

Wie Sie Ihr Kind optimal fördern können

Expertenrat von Dipl.-Päd. Uta Reimann-Höhn, Lern- und Erziehungsexpertin

 
Kinder brauchen beim Lesen lernen bis zu zwei Jahre, bis sie flüssig lesen und die Texte auch verstehen. Doch die Mühe lohnt sich, denn Lesen lernen ist unverzichtbar. Unsere Lerntipps für das Lesen zeigen, wie Sie Ihr Kind sinnvoll lesen lassen.
 

Machen Sie Ihr Kind jeden Tag neugierig aufs Lesen lernen! Wer von klein auf vorgelesen bekommt und mit interessanten, spannenden Büchern aufwächst, der entwickelt auch den Wunsch, selber lesen zu können. Schon Einjährige lieben es, Bilderbücher anzusehen. Sie können oft gar nicht genug davon haben und genießen es, daraus erzählt zu bekommen. Im Laufe der Jahre entdecken sie dann auch den Sinn der Schrift, und schnell wollen sie Lesen lernen und selbst entziffern, was dort steht. Damit die Motivation und das Interesse am Lesen lernen bestehen bleiben, verrate ich Ihnen hier bewährte Lerntipps zum Fach Deutsch für Leseanfänger und leseschwache Kinder.

1. Lesen Sie täglich gemeinsam mit Ihrem Kind

Es ist eine Binsenweisheit: Lesen lernen kann man nur durch lesen. Je regelmäßiger Sie gemeinsam mit Ihrem Kind lesen, desto schneller und besser wird Ihr Kind Lesen lernen. Aber auf keinen Fall darf der Spaß daran verloren gehen. Kurze Leseeinheiten von 10 Minuten, bei denen man sich gemütlich auf dem Sofa aneinander kuschelt, können eine Oase im Alltagsstress sein. Dabei liest Ihr Kind nur so viel, wie es möchte. Sie werden sehen, dass es mit der Zeit immer mutiger wird und immer längere Texte bewältigt. So kann es Schritt für Schritt Lesen lernen. 

2. Lesen Sie mit der ganzen Familie

Beim Lesen lernen muss auch niemand alleine sein. Schaffen Sie eine gemütliche Leseecke, in der das gemeinsame Schmökern zum Erlebnis werden kann. An einem verregneten Samstagnachmittag bleibt vielleicht der Fernseher mal aus, und die ganze Familie schnappt sich bei Tee und Plätzchen ihren Lesestoff. Oder Sie lesen abwechselnd eine Geschichte mit verteilten Rollen vor. Bitte achten Sie aber darauf, dass Lesen lernen niemals zum Zwang wird und immer freiwillig geschieht. Lesen darf keine Strafe sein und auch kein Muss, damit die Liebe zu Geschichten nicht verloren geht.

 

3. Teilen Sie ich mit

Lassen Sie Ihr Kind unbedingt an Ihren eigenen Leseerlebnissen teilnehmen. Lesen Sie ihm aus der Tageszeitung vor, informieren Sie über Produktaufschriften, sehen Sie sich Kataloge an, betrachten Sie gemeinsam Werbeplakate in der Stadt oder erklären Sie ihm den Busfahrplan. Schrift findet sich überall. Auch wenn Sie gerade einen besonders spannenden Krimi lesen, können Sie diese Erfahrung Ihrem Kind weitergeben und so mit ihm Lesen lernen.

4. Nehmen Sie den Faden auf

Ihr Kind liest Geschichten über Zauberer und Magie? Vertiefen Sie das Thema und besuchen Sie eine Zauberervorstellung oder lernen Sie gemeinsam einige leichte Tricks, die im Rahmen eines Familientreffens vorgeführt werden können. Bei Rittergeschichten bietet sich der Besuch eines Mittelaltermarktes an, und Bücher über Roboter und Computer sind ein guter Anlass zum Besuch eines Technik­museums. Aber auch umgekehrt funktioniert das: Nach einem Spaziergang können Sie die gesammelten Blätter im Naturbuch mit Ihrem Kind nachschlagen und so spielend Lesen lernen.

5. Schenken Sie ab und zu ein Buch

Auch wenn sie nicht gleich gelesen werden, können Bücher auf einem schönen Regal im Kinderzimmer ein angenehmer Blickfang sein. Früher oder später greift Ihr Kind vielleicht doch freiwillig danach und kann so Lesen lernen. Schenken Sie also ab und zu ein Buch, auch wenn Ihr Kind nicht immer in Jubelrufe ausbricht. Irgendwann ergibt sich bestimmt die Gelegenheit, genau dieses Buch aus dem Regal zu ziehen und sich in seinen Inhalt zu vertiefen. Spätestens wenn ein krankes Kind sich den Tag über im Bett langweilt, sollte ein schönes Buch zur Hand sein, um es abzulenken. Nebenbei kann es so Lesen lernen.

6. Stöbern und schmökern Sie

Bücher haben etwas Geheimnisvolles und Unerforschtes. Besuchen Sie mit Ihrem Kind Flohmärkte und stöbern Sie dort in den Auslagen nach tollen Büchern. Betreten Sie Büchereien und durchwühlen Sie Bücherkisten nach verborgenen Schätzen. Gehen Sie mit Ihrem Kind mal in ein Antiquariat und lassen sich dort die Geschichte von einigen Büchern erzählen. Und bestimmt ist es ein besonderes Erlebnis, einen Comicladen gründlich unter die Lupe zu nehmen. Je mehr spannende und interessante Kontakte Ihr Kind mit Büchern hat, desto stärker wächst sein Interesse daran und so besser kann es Lesen lernen. Fragen Sie Ihr Kind um Rat, welches Buch der Opa zu Weihnachten bekommen soll, und über­lassen Sie ihm die Entscheidung.

Die Förderung in der "Lesestube"

Das Konzept der Lesestube wurde für Kinder in der Grundschule und der weiterführenden Schule entwickelt, um die Lesekompetenz zu fördern. Das Lesetraining wird durch Herrn Jürgen Hallermann durchgeführt.

In den Räumlichkeiten ist die Leseförderung von der schulischen Umgebung losgelöst. Die Kinder lesen in einer gemütlichen Atmosphäre eines Wohn- bzw. Lesezimmers ohne Druck und Erwartungshaltungen. Entgegen der schulischen Forderungen lesen die Kinder nicht von Blättern, sondern in Büchern. Je nach Lesevermögen wählen die Kinder selbst, welches Buch sie lesen möchten. Beim Lesen werden sie „begleitet“. Große Anwendung findet dabei das Corrective Feedback durch Herrn Hallermann. Dies führt in kurzer Zeit zu einer deutlichen Verbesserung der Lesefreudigkeit und auch der Lesekompetenz.

Die Lesekompetenz ist die Fähigkeit, einzelne Worte, Sätze und ganze Texte flüssig lesen und im Textzusammenhang verstehen zu können. Sie gehört neben der Schreibkompetenz und dem Rechnen zu den Grundfertigkeiten, die in der Grundschule erworben werden sollen.

Die Lesekompetenz ist die Fähigkeit, geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben besser teilzunehmen. Sie hängt unter anderem von der Lesegeschwindigkeit und damit in hohem Maße von der Konzentrationsfähigkeit und der Kurzspeicherkapazität der lesenden Person ab. Weiterhin ist sie eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen und die Basis für den Erwerb zusätzlicher weiterer Kompetenzen wie z. B. die Schreibkompetenz und die Rechenkompetenz. So ist zum Beispiel die Nutzung des Internets ohne eine ausreichende Lesekompetenz schwerlich vorstellbar.

Der Trainingsplan

In der Lesestube trainieren die Kinder:
  • das Erkennen und Verinnerlichen der einzelnen Buchstaben bzw. Laute (Buchstaben-Laut-Zuordnung),
  • die Anlaut- und Endlauterkennung.
  • die Differenzierung ähnlicher Buchstaben und Laute
  • das Zusammenspiel von Vokalen und Konsonanten,
  • die Erkennung, welche Kombinationen von Buchstaben sprachlich darzustellen sind,
  • das Verbinden von 2 und 3 einzelnen Lauten zu Silben ohne Stockungen, Einzellautierungen und Vorlautierungen,
  • die Fokussierung der Konzentration sowie die Fixierung des Blickes auf das gerade zu lesende Wort,
  • die Phonemsegmentierung (buchstabieren)
  • die Bewältigung unbekannter und längerer Worte,
  • „schau genau“ – langsames Lesen ohne Fehler und Wiedergabe der Texte in Kurzfassung, Gelesenes wiederholen,
  •  das Erkennen eines falsch gelesenen Wortes und die Berichtigung,
  • die Lösung der Blickfixierung von einem Wort und Erlernen eines vorausschauenden Lesens,
  • die Fähigkeit der Simultanerkennung,
  • die Verbesserung der Konzentration,
  • die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses, Aktivierung das Arbeitsgedächtnisses
  • der Verlust der Lese- und Vorleseangst,
  • die Weckung der Lesefreudigkeit und Wettbewerb in Form von Nacheiferung ohne Druck und Stress
  • Erhöhung der Lesegeschwindigkeit bei weiterer Abnahme der Lesefehler
  • die Einhaltung der Punktierungen und Absätze (Lesepausen),
  • die Verbesserung der Leseprosodie (Lesemelodie)
  • das Lesesinnverständnis
  • das Erkennen von Zusammenhängen und Ziehen von Schlussfolgerungen,
  • der Umgang und die Arbeit mit Texten.

Nach einem Test wird aus diesem Programm je nach vorhandener Lesekompetenz ein individuelles Trainingsprogramm ermittelt.

In der „Lesestube“ wird größtenteils verbal gearbeitet und möglichst wenig geschrieben.

Die Trainingsbedingungen
Teilnehmer:

Kinder der 1. bis 4. Klasse der Grundschule, aufgeteilt nach Klassenstufe und Schwierigkeitsgrad der Lesestörung in Gruppen von bis zu maximal 3 Kindern (was einer tatsächlichen Anwesenheitszahl von 2 Kindern entspricht durch Absagen und Urlaub) und Kinder der weiterführenden Schulen ab der 5. Klasse mit Grundkenntnissen im Leseerwerb.

Trainingsdauer:

45 Minuten

Trainingskosten:

Die Kosten für das Training betragen zur Zeit 15,00 € pro in Anspruch genommener Trainingseinheit.

Die Kosten können nicht mit Krankenkassen abgerechnet werden.

Die in Anspruch genommenen Trainingseinheiten werden am Monatsende in Rechnung gestellt. Die Zahlung muss innerhalb 5 Tagen spätestens bis zum nächsten Trainingstermin nach Rechnungsstellung erfolgt sein.

Es werden keine weiteren vertraglichen Vereinbarungen getroffen, so dass jederzeit das Training beendet werden kann. Es muss jedoch bedacht werden, dass sich ein sichtbarer Erfolg des Trainings nur bei regelmäßiger Teilnahme an den Trainingseinheiten einstellen kann. Kann Ihr Kind an einer Trainingseinheit nicht teilnehmen, so informieren Sie uns bitte mindestens 24 Stunden vorher entweder telefonisch oder über die Seite Kontakt. Sie erleichtern uns damit die Planung und Vorbereitung.

Die Trainingstermine:

Die Termine finden im stündlichen Rhythmus jeweils dienstags und freitags ab 12:00 Uhr statt.

Kinder der weiterführenden Schule werden bei sehr schlechtem Lesevermögen in die unteren Trainingsstufen eingegliedert. Bei Kindern ab der 5. Klasse liegt das Training eher in der Lese- und Textverarbeitung und der expressiven Sprachleistung.

Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich und evtl. ein Test zur Feststellung der Lesekompetenz.

Für Fragen steht Ihnen gern Herr Hallermann zur Verfügung. Rufen Sie bitte kurz an unter der Tel-Nr.
06233 – 88 09 41
oder benutzen Sie die Terminanfrage.